Clea Stracke & Verena Seibt
Holde Kunst
30.03. - 12.05.2012
Eröffnung: | Donnerstag, 29. März 2012, 19-21 Uhr |
Einführung: | Dr. Christian Hartard |
Ausstellungsdauer: | 30. März bis 5. Mai 2012 |
Öffnungszeiten: |
Mi/Fr 13-18 Uhr, Do 13-19 Uhr, |
Du holde Kunst, in wieviel grauen Stunden,
Franz Schubert „An die Musik“, D 547 (op. 88,4), 1817
Das Lied aus der Romantik als zeitgenössisches Programm zu verstehen, wäre freilich naiv. Die Kunst als “beßre Welt”, als Gegenentwurf zur zweckhaften Banalität des Alltags ist für die beiden Künstlerinnen ein zu unschuldiges Idyll, als dass nicht Skepsis angebracht wäre. Deshalb schieben sie Scheidewände zwischen Ideal und Wirklichkeit, Barrieren, die das utopische Versprechen der Kunst auf Distanz halten und nur in seiner Unschärfe deutlich werden lassen. Ein weißes Leintuch wird zu einem solchen Wahrnehmungsfilter. Indem es das sonst Sichtbare auf irritierende Weise verdeckt, lenkt es die kritische Aufmerksamkeit in neue Bahnen. Zwar anwesend, aber dem direkten Blick durch ein Laken entzogen, verwandelt sich ein Sänger zum Relikt einer vergangenen Epoche. Wie ein eingemottetes, schlafendes Möbel verkommt sein Lied zur fragwürdigen Parole einer Ästhetik, die Staub angesetzt hat. Das ist komisch und traurig zugleich. Komisch, weil sich diese "singende Stoffskulptur" ein bisschen ausnimmt wie ein heillos antiquiertes Gespenst, vor dem niemand mehr Angst hat. Traurig, weil das Gewand auch ein Sterbetuch sein könnte, ein Totenhemd über ausrangierten Sehnsüchten und außer Dienst gestellten Träumen. Und doch ist diese Demontage des romantischen Kunstbegriffs nicht ohne augenzwinkernden Optimismus und darf sich deswegen durchaus als Plädoyer für einen aufgeklärten, reflexiven Glauben an eine selbstbewusste Kunst und als Zeichen gegen ihre Instrumentalisierung verstehen. Denn indem Clea Stracke & Verena Seibt der „holden Kunst“ den Schonbezug überwerfen, nehmen sie sie zugleich in Schutz und bewahren sie vor dem restlosen Verschwinden. Die vorläufig weggeräumten Dinge sind nicht liquidiert; sie haben nur den Atem angehalten und warten. Die Ausstellung wird am Donnerstag, dem 29. März 2012, um 19 Uhr, mit einer Performance (Darsteller: Eric Fergusson) eröffnet. Dazu erscheint eine Unikat-Serie von "singenden Skulpturen", die in Zusammenarbeit mit der Porzellanwerkstatt Billa Reitzner, München, entstanden ist. Clea Stracke (geb. 1982 in Berlin) & Verena Seibt (geb. 1980 in Dachau) schlossen ihr Studium 2009 bei Norbert Prangenberg bzw. Stephan Huber an der Akademie der Bildenden Künste München ab. Sie arbeiten seit 2006 zusammen und wurden bereits mit diversen Preisen ausgezeichnet. Neben Ausstellungen im Martin-Gropius-Bau, Berlin, im Frankfurter Kunstverein oder im Center for Contemporary Art, Plovdiv/Bulgarien, haben die Künstlerinnen ihre Werke mehrmals in München gezeigt: So präsentierten sie ihre Videoarbeit „Unterwelt“ kürzlich in der gleichnamigen, von ihnen konzipierten Gruppenausstellung im MaximiliansForum. Aktuell sind Clea Stracke & Verena Seibt bei „sechs minus“, einer Ausstellung der Bundeskunsthalle Bonn, sowie in der Gruppenschau „Tod – Zweiundzwanzig Kunstwerke“, Deutsche Gesellschaft für christliche Kunst, München, vertreten. Im Herbst 2012 folgen sie einer Einladung von artgrant zu einem Atelierstipendium in Malèves, Belgien. Clea Stracke & Verena Seibt sind Preisträgerinnen des Bayerischen Kunstförderpreises 2012. Text: Dr. Christian Hartard
Esther Donatz
Nadine Seligmann Telefon: +49 89 70 07 62 00 |